Idyllisch schlängelt sich das hügelige Tal Qu'Appelle Valley durch den Süden Saskatchewans und bildet einen auffälligen Kontrast zu den flachen Ebenen im Norden und Süden der kanadischen Prärieprovinz. Vor langer Zeit wurde es von uralten Gletscherschmelzwassern ausgehöhlt und erstreckt sich heute entlang des 430 Kilometer langen Qu'Appelle River über die Hälfte der Provinz. Der Fluss entspringt östlich des Lake Diefenbaker und fließt dann in südöstlicher Richtung, bevor er in der Nachbarprovinz Manitoba in den Assiniboine River mündet. Wer auf einem Roadtrip per Mietwagen oder Wohnmobil unterwegs ist, legt bei der Fahrt durch das malerische Qu'Appelle Valley mehr als ein Viertel der Strecke durch Saskatchewan zurück. Im äußersten Südosten der Provinz verläuft die Route von den Fishing Lakes in der Nähe von Fort Qu'Appelle bis kurz vor die Grenze zu Manitoba mehr oder weniger parallel zum Trans Canada Highway, bietet dabei aber ein gänzlich anderes Szenario. Der Roadtrip führt vorbei an historischen Stätten, Provinzparks, Stränden, Naturschutzgebieten, Ackerland, Wäldern und langen Abschnitten mit einsamen Nebenstraßen, auf denen so gut wie kein Verkehr herrscht. Die Straßen sind eine bunte Mischung aus asphaltierten Passagen, Schotterpisten von guter Qualität und so mancher Etappe, die man besser nur bei trockenem Wetter befahren sollte. Die Reisejournalisten Robin und Arlene Karpan aus Saskatoon nehmen uns mit auf ihre Reise durch das Qu’Appelle Valley:
Fort Qu’Appelle und die Fishing Lakes
Die Seen-Kette der vier Fishing Lakes - Pasqua, Echo, Mission und Katepwa – bildet den belebtesten Abschnitt des Qu'Appelle Valley: Ferienhaussiedlungen, einige schöne Provinzparks und herrliche Aussichten wohin das Auge blickt.
Ein Highlight ist der Echo Valley Provincial Park, der sich zwischen den Seen Pasqua Lake und Echo Lake erstreckt. Eine großartige Möglichkeit für einen umfassenden Eindruck der gesamten Szenerie bietet eine Wanderung auf dem Qu'Appelle Interpretive Trail, einem 3 Kilometer langen Rundweg durch schattige Täler, über grasbewachsene Hangwiesen und windgepeitschte Hügelkuppen mit Blick auf die Seen. Ein wunderbares Panorama über den Rand des Tales gibt es vom Aussichtspunkt am Aspen Campground – man erreicht ihn nach einem kurzen Fußmarsch vom Büro des Campingplatzes in nördlicher Richtung am Ende der Straße.
Ganz in der Nähe befindet sich auch die historische Ortschaft Fort Qu'Appelle, die im Jahr 1864 als Handelsposten der berühmten Hudson’s Bay Company gegründet wurde. Im Fort Qu'Appelle Museum können Besucher das älteste noch erhaltene Gebäude der Hudson's Bay Company in Saskatchewan besichtigen - ein Anbau am Haus des Kommissionärs aus den Jahren 1874-75. Eine weitere Erinnerung an die Ära der Hudson’s Bay Company ist der schmucke steinerne Gemischtwarenladen, der 1897 errichtet wurde. In einem besonderen Fokus stand Fort Qu'Appelle auch im Jahr 1874, als der Treaty 4 mit den Cree und Saulteaux unterzeichnet wurde – einer von sieben Verträgen, die von 1871 bis 1877 zwischen der kanadischen Regierung und verschiedenen indigenen Gruppierungen geschlossen wurden. Heute ist Fort Qu’Appelle mit knapp 2.000 Einwohnern übrigens die größte Ansiedlung im gesamten Tal.
Das nahe gelegene Lebret wurde 1865 am Ufer des Mission Lakes gegründet. Die kleine Ortschaft wird durch die imposante Herz-Jesu-Kirche aus Stein dominiert. Ein Muss ist es hier, den Weg entlang des Kreuzwegs hinauf zur kleinen weißen Kapelle nahe der Spitze des Hügels zu wandern, von wo aus man eine hervorragende Aussicht über den See und das Tal hat.
Schöne Stunden am Wasser verspricht der nahe gelegene Katepwa Point Provincial Park, wo ein beliebter, von Bäumen gesäumter Strand in den Katepwa Lake hineinragt. Die Schautafeln neben dem Parkplatz liefern eine kurze Einführung in die Geologie, Flora und Fauna des Qu’Appelle Valleys – eine gute Vorbereitung auf eine wunderbare Wanderung in der hügeligen Landschaft.
Fort Ellis Trail
Am östlichen Ende des Katepwa Lakes ändert sich das Szenario dramatisch, wenn man asphaltierte Straßen, Verkehr und Ferienhaussiedlungen hinter sich lässt, um auf dem Fort Ellis Trail weiterzufahren. Dieser wurde nach der historischen Route zwischen Fort Qu'Appelle und Fort Ellice in Manitoba benannt. Die Straße folgt dem Qu'Appelle River, der sich hier durch die Landschaft windet und von malerischen alten Brücken überspannt wird. Die Hügel bilden hier größtenteils offene, grasbewachsene Weiden, die im Kontrast zu den bewaldeten Hängen auf der gegenüberliegenden Seite des Tals stehen. Der Fort Ellis Trail zählt sicherlich zu einem der landschaftlich reizvollsten Abschnitte des Tals, den man allerdings am besten nur bei trockenem Wetter befährt.
Ein kurzer Abstecher zur Motherwell Homestead National Historic Site versetzt die Besucher erneut in die Vergangenheit. Die historische Stätte liegt nördlich des Qu'Appelle Valleys in der Nähe von Abernethy und bewahrt das Gehöft der Familie von W.R. Motherwell, der sich Ende des 19. Jahrhunderts in Saskatchewan niedergelassen hatte. Sein Innovationsgeist und seine Leidenschaft für wissenschaftliche Anbaumethoden brachten ihn schließlich in die Politik - in den 1920er Jahren war er sogar als Landwirtschaftsminister im kanadischen Parlament tätig. Das historische Gehöft verfügt über ein prächtiges Feldsteinhaus, eine riesige Scheune sowie einen Obstgarten und bietet ein umfangreiches Programm, das das ländliche Leben in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts nachstellt.
Zurück im Qu’Appelle Valley ist die winzige, malerische Gemeinde Ellisboro mit ihren zwei Kirchen aus den 1890er Jahren ein weiteres Highlight des Fort Ellis Trails. Es wird gemunkelt, dass sie die am schönsten gelegene Gemeinde in ganz Saskatchewan sei.
Die Straße passiert schließlich eine historische Markierung für das ehemalige Dorf Hyde. Es wurde im Jahr 1887 von A.E. Hyde gegründet, der sich durch seine grandiosen Visionen vom Bau eines englischen Landguts auszeichnete. Das Dorf florierte für kurze Zeit, bis Hyde das Geld ausging. Das endgültige Aus war besiegelt, als die Canadian Pacific Railway ihre Streckenführungspläne änderte und sich für eine andere Route entschied, wodurch die meisten Siedler wegzogen.
Crooked Lake und Round Lake
Nachdem man den Highway 47 überquert hat, verläuft die Route entlang des asphaltierten Highways 247, während sich der Qu'Appelle River zum Crooked und Round Lake weitet. Hier liegt der Crooked Lake Provincial Park sowie eine Reihe weiterer Erholungsgebiete, Resorts und Aussichtspunkte.
Kurz hinter dem Crooked Lake gelangt man schließlich zum Weiler der Marieval und Cowessess First Nation. Ein kurzer Stopp am Eisladen bei Cowessess Gas and Grocery ist hier ein Muss. Die Hauptattraktion ist der 18-Loch-Golfplatz des Last Oak Golf and Country Clubs, der nach der Bur-Eiche benannt ist, der einzigen Eichenart, die in der kanadischen Prärie heimisch ist. Kurz nach Round Lake biegt die Route wieder auf eine Schotterstraße ab. Das Tal ist hier nun stärker bewaldet, inklusive diverser Areale, in denen überwiegend besagte Bur-Eichen wachsen.
Abstecher zu historischen Kirchen
Der asphaltierte Highway 247 endet an der Kreuzung mit dem Highway 9, und die Route durch das Qu’Appelle Valley führt auf einer Schotterstraße weiter Richtung Osten. Von dieser Kreuzung aus lohnt es sich, einen kurzen Abstecher zur beeindruckenden New Stockholm Lutheran Church einzuschieben. Auf dem Highway 9 geht es zunächst 7,5 Kilometer nach Norden, bevor man in östliche Richtung abbiegen muss. Nach weniger als zwei Kilometern trifft man schließlich auf die imposante Backsteinkirche, die im Jahr 1921 von schwedischen Lutheranern erbaut wurde und völlig isoliert inmitten des Ackerlandes steht. Die Kirche im gotischen Stil ist bekannt für ihre bunten und aufwändig gestalteten Glasfenster, besonders für die beiden großen in den Querschiffen.
Bei der Weiterfahrt durch das Tal in östlicher Richtung kreuzt die Straße schon bald die Schotterstraße 637. Von hier aus kann man einen Abstecher zum historischen Ort Kaposvar machen. Nachdem man etwa 6 Kilometer nach Norden gefahren ist, taucht am Horizont die große Steinkirche von Kaposvar auf. Sie war das Zentrum der ersten ungarischen Kolonie in Saskatchewan, die 1886 von dem geheimnisvollen Grafen Paul Esterhazy gegründet wurde - nach ihm wurde übrigens auch die nahe gelegene Stadt Esterhazy benannt. Neben der Feldsteinkirche gibt es restaurierte Gebäude eines ehemaligen Gehöfts, ein Pfarrhaus sowie eine Grotte und Pilgerstätte nach dem Vorbild des französischen Lourdes.
Das östliche Qu’Appelle Valley
Das kleine Dorf Tantallon ist die einzige Ortschaft im östlichen Qu'Appelle Valley. Am Ortseingang lädt die überdimensionale Skulptur eines Weißwedelhirsches zu einem Foto-Stopp ein.
Nachdem man den Highway 8 überquert hat, erreicht man zwei weitere historische Stätten. Die eine erinnert an Fort John sowie andere Pelzhandelsposten entlang des unteren Qu'Appelle River. Die andere ist Hamona, Saskatchewans erste Kooperative, die im Jahr 1895 gegründet wurde. Außerdem kam hier im Jahr 1910 erstmals in der Provinz ein Mähdrescher für die Getreideernte zum Einsatz ̶ eine Innovation, die einen dramatischen Einfluss auf die Landwirtschaft in der Prärie haben sollte.
Die Route endet an der Road 600, ganz in der Nähe der Grenze zur Nachbarprovinz Manitoba. Die Fort Esperance National Historic Site liegt eine kurze Fahrt westlich der Road 600 auf der Südseite des Qu’Appelle Valley. Das Fort wurde 1787 erbaut und war während des Pelzhandels der Hauptversorgungsposten der North West Company für Pemmikan, eine nahrhafte und haltbare Mischung aus zerstoßenem Dörrfleisch und Fett, die die Indigenen Nordamerikas als Reiseproviant und Notration mit sich führten. Obwohl die Stätte eher unauffällig ist, zeigt sie, welch hohen Stellenwert der Qu'Appelle River in der Geschichte Saskatchewans einnahm.
Weitere Informationen über Saskatchewan und das Qu’Appelle Valley gibt es unter www.tourismsaskatchewan.com sowie auf den Seiten von Robin und Arlene Karpan www.parklandpublishing.com und www.photojourneys.ca.
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