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AutorenbildKarin Schreiber

Rätselhafte Naturwunder in den Northwest Territories


Bear Rock Sinkhole - Photo Credit: Hans-Gerhard Pfaff

Die Northwest Territories in Kanadas hohem Norden stehen für vieles: Imposante Natur, ursprüngliche Wildnis, eine faszinierende Tierwelt – kurz, erstklassiges Abenteuer! Dass hier und da ein Hauch von Kuriosum dazu kommt, wissen die wenigsten…


Zwischen den Städten Tulita und Norman Wells, im riesigen, unerschlossenen Zentrum der Northwest Territories, wird die waldige Landschaft von dutzenden Sinklöchern durchzogen, die Mutter Erde hier ein seltsam entstelltes, pockennarbiges Aussehen geben. Das berühmteste ist das Bear Rock Sinkhole, das nordwestlich der gleichnamigen Bergformation liegt und mit seinen steil abfallenden Seitenrändern und dem tiefen, aquamarinfarbenen Wasser ins Auge sticht. Wissenschaftler sagen, dass dieses Naturwunder durch den Einbruch einer riesigen unterirdischen Höhle entstanden ist.


Allerlei klaffende Schluchten prägen das Landschaftsbild des Nahanni National Park Reserves. Die dramatischste ist auf jeden Fall der gefährliche, düster-schroffe und unerforschte Scimitar Canyon, der 20 Kilometer lang, sehr schmal und rätselhaft tief ist. Er ist vor ewigen Zeiten entstanden, als der Ram River das Ram Plateau spaltete und dabei die furchterregendste Kluft schuf, in die jemals ein Mensch geblickt hat.


Seit Jahrhunderten qualmen die düsteren Smoking Hills am Ufer von Cape Bathurst, unweit der Gemeinde Paulatuk in der westlichen Arktis und schicken dabei wabernden schwefelhaltigen Ruß in die Nordwest Passage. An diesem Ort aus Feuer und Schwefel ist der Boden von Schichten aus Ölschiefer durchzogen, die sich spontan selbst entzünden, sobald sie der Luft ausgesetzt sind.


Als einer der weltweit höchsten Felswände aus massivem Stein wird der Lotus Flower Tower mit seinen atemberaubenden 670 Meter Höhe als einer der „ästhetisch schönsten Felsen der Welt“ verehrt. Der blanke, in den Himmel ragende Steilhang ist das charakteristische Gesicht der Berggruppe „Cirque of the Unclimbables“ im Nahanni National Park und zieht erstklassige Alpinisten aus aller Welt an. Er ist nichts für schwache Nerven: Eisenharter Mut und ein kühler Kopf sind erforderlich, wenn hunderte von Metern dünner Luft zwischen dem Kletterer und festem Boden liegen.


Ein tiefes Geheimnis liegt unter den Schaumkronen des Great Slave Lake… In der Nähe der Gemeinde Lutselk’e fällt der Seeboden unweit der Küste plötzlich und rapide um hunderte von Metern ab und bildet damit die tiefste Stelle in ganz Nordamerika. Liebevoll nennen die Einheimischen den Great Slave Lake daher „The bottomless lake“. Völlig unklar ist, wie weit es hier tatsächlich nach unten geht. Die offiziellen Angaben belaufen sich auf 614 Meter, allerdings entdeckten Wissenschaftler bei kürzlich durchgeführten bathymetrischen Messungen der Wassertiefe mancherorts noch wesentlich tiefere Gräben.


Jedes Jahr im Winter verdoppelt sich die Länge der Highways in den Northwest Territories, denn auf den zugefrorenen Seen, Flüssen und sogar auf dem Arktischen Ozean entsteht ein temporäres Netz aus Eisstraßen. Die meisten dieser Ice Roads bestehen aus Eis, das stolze 1,20 Meter dick ist und damit stark genug, einen Jumbo Jet zu tragen. Aber von Zeit zu Zeit gibt der Highway nach und droht, die glücklosen Fahrzeuge in ihren wässrigen Untergang zu schicken.

Wie ein bizarrer Mond-Stalagmit erhebt sich der größte Tuffstein-Hügel Kanadas nahe dem Ufer des Rabbitkettle River im Nahanni National Park. Der dreißig Meter hohe und 10.000 Jahre alte Hügel Rabbitkettle Tufa Mound wurde aus Thermalquellen gebildet, die aus dem vulkanischen Boden entspringen und dabei Calciumcarbonat mit sich führen, das sich an der Erdoberfläche in einer Kruste aus Tuffstein erhärtet. Wer die Schuhe auszieht, kann den Park Guide auf einem barfüßigen Spaziergang zu dieser empfindlichen Anhöhe begleiten.


The Rapids of the Drowned“ – die Stromschnellen der Ertrunkenen… Der Name dieses spektakulären Ortes ist kein Witz. Dort, wo der gigantische Slave River kurz vor Fort Smith auf den Präkambrischen Schild trifft, explodiert er regelrecht zu einem Strudel aus haushohen Wellen, Bäume vernichtenden Wasserwirbeln und galoppierenden Strömungen. Die einzelnen Flussabschnitte haben an dieser Stelle Namen, die vom Grandiosen bis zum Absurden reichen, z.B. Rollercoaster, Rockem Sockem, Land of A Thousand Holes oder aber die legendären Molly’s Nipples.


In beachtlicher Tiefe von rund 1.900 Meter befindet sich der Boden der stillgelegten Con Mine bei Yellowknife im Inneren der Erdkruste und ist damit einer der tiefsten, künstlichen Orte der Welt. Trotz arktischer Bedingungen an der Erdoberfläche, hatten die Bergleute am Grund der Mine seinerzeit mit brütender Hitze zu kämpfen. Tatsächlich ist die Mine in fast 2 km Tiefe so heiß, dass die Stadt Yellowknife in Erwägung gezogen hat, das geothermische Potenzial anzuzapfen und heißes Wasser aus der Tiefe zu pumpen, um die Gebäude der Stadt zu heizen.

Die legendären Fairy Meadows im Nahanni National Park werden gerne als magische Oase in einer Kathedrale von Gipfeln beschrieben, als Auge eines berghohen Hurrikans oder schlicht als Shangri-La. Die blühende Wiese ist üppig besetzt mit zarten alpinen Wildblumen und von den unglaublich steilen Gipfeln der Berggruppe der „Cirque of the Unclimbables“ umringt und gleicht damit einem überdimensionalen Amphitheater.


Mal ist er da, mal nicht... Letzten Sommer wurden die Anwohner von Fort McPherson vor der bevorstehenden „katastrophalen Entwässerung“ eines 1,5 Hektar großen Sees gewarnt, der rund 20 Kilometer westlicher der Gemeinde liegt – der „Lake that fell off a cliff“. Kurz darauf hat sich der See in einem massiven, schlammigen, fünf Etagen hohen Wasserfall tatsächlich nahezu komplett entleert. Er war das Opfer des auftauenden Permafrostbodens, der seine Uferbefestigung untergrub. Glücklicherweise wurde bei der daraus resultierenden Sturzflut niemand verletzt, aber 30.000 m³ Wasser stürzten damals spontan ins nachgeschaltete Entwässerungssystem.


Ein großer grüner Hügel, der sich hoch über der arktischen Küste erhebt, ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Tuktoyaktuk. Der legendäre Ibyuk Pingo ist so groß wie ein 15-stöckiges Gebäude und das massivste Pingo in ganz Kanada („Pingo“ steht in der Sprache der Inuit für „Hügel“). Wie eine Cola-Dose, die sich im Gefrierschrank langsam nach außen wölbt, wächst der aus Eis angestaute Pingo stetig an. Und wie bei der Dose, wird die Spitze des Pingo irgendwann aufplatzen und der ganze Hügel in sich zusammenfallen.


Quiz-Frage: Wie lautet der Name des höchsten Berges der Northwest Territories? Wer mit „Ich weiß es nicht“ antwortet, liegt goldrichtig. Der höchste Gipfel der Region ist ein 2.773 Meter hoher Berg in der Ragged Range Region östlich der Grenze zum Yukon Territory – und er hat keinen Namen. Inoffiziell wird der namenlose Gipfel manchmal Mt. Nirvana, Summit 2773 oder Summit 9027 (das entspricht seiner Höhe in Fuß gemessen) genannt, oder einfach „Unnamed Peak“. Ein vom Geographical Name Board of Canada akzeptierter Name müsste von den Nahanni Butte Dene vergeben werden, den hier heimischen First Nations.


Ganz in der Nähe des Highway No. 5 bei Fort Smith liegen die berühmten Salt Plains, die Salzebenen des Wood Buffalo National Parks. Der funkelnd-weiße Belag dieser riesigen Fläche ist aus salzhaltigem Wasser entstanden, das hier tief aus dem Inneren der Erde an die Oberfläche sprudelt. Die kristalline Landschaft ist Heimat einer einzigartigen Pflanzenwelt und zieht zahlreiche wilde Tiere an, die die Ebene als Salzlecke nutzen, so z.B. Wölfe, Bisons oder Bären. Zur Zeit der Pelzhändler wurde das Salz hier auch vom Menschen kommerziell abgebaut. Heute macht es Spaß, barfuß über das Salz zu spazieren und einfach mal ein bisschen zu naschen.


Ebenfalls im Wood Buffalo National Park befindet sich der weltweit größte Biberdamm. Die Arbeit stammt von Generationen an Bibern, die den Wald hier seit den 1970er Jahren (oder länger!) angeknabbert haben. Mit seiner Länge von nahezu einem Kilometer staut der Damm eine gewaltige Menge an Sumpf. Er ist so groß, dass er sogar aus dem Weltall gesehen werden kann!


Weitere Informationen über die Northwest Territories gibt es unter www.spectacularnwt.de.

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